Ein neues Lagebild für unsere Sicherheit:
Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA NRW) veröffentlicht regelmäßig das Lagebild Clankriminalität - eine umfassende Analyse der aktuellen Situation in Bezug auf kriminelle Aktivitäten von kriminellen Großfamilien in Nordrhein-Westfalen.
Das Lagebild bietet einen tiefen Einblick in die Tendenzen, Muster und Veränderungen im Bereich der Clankriminalität, gestützt auf die von der Polizei erfassten Straftaten und Tatverdächtigen.
Die Ursprünge dieses Lagebilds reichen zurück bis ins Jahr 2018, als das LKA NRW erstmals diese Initiative startete und seitdem jährlich aktualisiert. Anfangs konzentrierte sich die Erfassung auf Straftaten, die von Tatverdächtigen begangen wurden, die familiäre oder ethnische Verbindungen zu Clans aufwiesen, insbesondere türkisch-arabischer Großfamilien mit Bezügen zum Libanon oder zur Mhallamiye-Bevölkerungsgruppe. Doch angesichts jüngster gewalttätiger Vorfälle prüft das LKA NRW nun die Notwendigkeit einer Erweiterung des Lagebilds, um auch andere bisher nicht erfasste Clanstrukturen adäquat einzubeziehen.
Dieses Lagebild fungiert als wertvolles Instrument zur Verfolgung und Analyse der Entwicklung der Clankriminalität im Laufe der Zeit. Es unterstützt die Strafverfolgungsbehörden bei der Entwicklung und Anpassung von Strategien zur Bekämpfung dieser Kriminalitätsform und hilft politischen Entscheidungsträgern bei der effektiven Ressourcenverteilung und der Planung präventiver Maßnahmen.
Das LKA NRW hat nun das Lagebild Clankriminalität für 2022 veröffentlicht. Es zeigt einen Anstieg von Straftaten und Tatverdächtigen mit Clanbezug im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden 6.573 Straftaten mit Clanbezug registriert, ein Anstieg um 20,3 Prozent im Vergleich zu 2021. Bei diesen erschreckenden Zahlen muss jedoch beachtet werden, dass die Kriminalität in Corona-Zeiten grundsätzlich stark zurückging, der Anstieg beschreibt somit auch eine Korrektur dieser besonderen Zeit.
Die Straftaten umfassen vor allem Rohheitsdelikte und Straftaten gegen persönliche Freiheit. Die Zahl der Tatverdächtigen mit Clanbezug stieg um 11,2 Prozent auf 4.035 Personen. Die meisten Tatverdächtigen sind männlich, zwischen 26 und 30 Jahre alt, und der Anteil syrischer Tatverdächtiger ist gestiegen.
Die Polizei führte im Jahr 2022 über 1.570 Objektkontrollen in 615 Razzien durch, wobei über 23 Prozent der Objekte geschlossen wurden. Die meisten Straftaten wurden im Ruhrgebiet registriert, insbesondere in Essen, Recklinghausen und Gelsenkirchen. Es gab auch gewaltsame Auseinandersetzungen unter Clanmitgliedern.
Die Sicherheitskooperation Ruhr (SiKo-Ruhr) hat sich bewährt, indem sie Informationen vernetzt und Ermittlungserfolge erzielt hat. Das LKA NRW hat die Liste der Clannamen erweitert und untersucht, ob eine Erweiterung des Lagebildes um weitere Clanstrukturen notwendig ist.
Eine Auswahl aus den harten Fakten des Lagebilds zeigt Folgendes:
Rohheitsdelikte (z.B. Raub, Körperverletzung) und Straftaten gegen
die persönliche Freiheit machen nach Angaben des LKA 30,9 Prozent
aller Taten aus. 14,9 Prozent waren Vermögens- und
Fälschungsdelikte, 14,6 Prozent Diebstähle. Die Statistik zählt
auch 24 „Straftaten gegen das Leben“, darunter Mord und Totschlag -
wobei Versuche mit dazu zählen.
Essen lässt sich in diesem Berichtsjahr als Stadt mit den meisten
Straftaten (11,2 %) sowie Tatverdächtigen (11,9 %) herausstellen und
verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr den größten Anstieg der
Straftaten», heißt es im Lagebild. Eine NRW-Karte in dem Papier
zeigt, dass das Ruhrgebiet ein Hotspot ist.
Die Polizei hat laut LKA bei 615 Razzien über 1570 Objekte
kontrolliert, darunter mehr als 220 Shisha-Bars, 60 Restaurants, 30
Spielhallen und 90 Wettbüros: 23,2 Prozent der Objekte wurden
unmittelbar durch die Behörden geschlossen, unter anderem wegen
fehlender Konzessionen, aufgrund von Hygienemängeln oder wegen
baurechtlicher Mängel.
Auch andere Entwicklungen lassen sich aus dem Lagebild ablesen: Vor drei Jahren begann Nordrhein-Westfalen als Vorreiter ein Aussteigerprogramm für junge Menschen aus kriminellen Clans. Dieses Programm, als Teil des Aussteigerprogramms "Kurve kriegen" zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 17 Jahren, die aus polizeibekannten Clanfamilien oder deren Umfeld stammen, vor kriminellen Strukturen zu bewahren. Laut dem neuen Lagebild sind mittlerweile 39 Teilnehmer in Städten wie Bochum, Essen und Gelsenkirchen aktiv. Das Projekt dient als präventiver Ansatz, um Alternativen zur Kriminalität aufzuzeigen. Es wird auch international übernommen, wie in Schweden mit dem Programm "Rätt Kurva".
Trotz all diesen Erfolgen: Dass es überhaupt ein neues Lagebild gibt, ist nicht selbstverständlich: Als Kritik wird vorgebracht, dass dieses Lagebild bestimmte Personengruppen stigmatisiere und sie unter Generalverdacht stelle.
Ich bin hingegen der Überzeugung, dass die Bekämpfung dieser Form von Kriminalität nach wie vor eine bedeutende Arbeit für die Sicherheit unseres Landes und unserer Mitbürger darstellt. Der signifikante Anstieg der Straftaten mit Clanbezug zeigt, dass die Null-Toleranz-Strategie ihre Berechtigung hat und eine erhöhte Aufdeckung von bisher unentdeckten Straftaten erfolgt.
Die Beschlagnahmung illegitimer Vermögenswerte der Familien stellt für sie einen empfindlichen Punkt dar, da sie auf finanzieller Basis operieren. Die Bekämpfung der Clankriminalität erfordert erhebliche personelle Ressourcen, die über die üblichen kriminalpolizeilichen Kapazitäten hinausgehen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Polizeikräfte in ihrer Gesamtheit zu stärken.
Unabhängig davon, dass politische Unterstützung für die Polizei essentiell ist, um effektiv gegen die Clankriminalität vorzugehen. Die Diskussionenvon Seiten der GRÜNEN über diese Thematik lenken den Fokus von der eigentlichen Herausforderung und den eigentlichen Gefahren ab. Die Clankriminalität stellt eine hochkriminelle Form der organisierten Kriminalität dar, die auf familiären Strukturen aufbaut und den Rechtsstaat nicht respektiert.
Es gibt in diesen Großfamilien immer wieder Personen, die nichts mit den kriminellen Strukturen gemein haben und sicherlich auch alleine aufgrund ihres (Clan-)Namens auf Schwierigkeiten stoßen können. Aber natürlich gilt doch auch in diesen Fällen: kein unbescholtener Bürger wird in unserem Rechtssystem für etwas belangt werden, für dass er nicht verantworlich ist. Und die sicherheitspolitische Notwendigkeit das Lagebild Clankriminalität beizubehalten, überwiegt die Problematik, welche manche in den Begrifflichkeiten sehen.