In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Welt gravierend verändert: Weltweite Kommunikation und Zusammenarbeit sind heute so einfach und selbstverständlich wie nie zuvor. Dies gilt für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft – aber es gilt auch für Kriminelle. Schon lange arbeiten die Sicherheitsbehörden daher daran, ihre Arbeit an diese neuen Möglichkeiten und Kriminalitätsphänomene anzupassen.
Aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion benötigen die Ermittlerinnen und Ermittlern für die Verfolgung von Verbrechen in der digitalen Welt auch das Handwerkszeug des 21. Jahrhunderts. Kriminelle werden aufgrund ihrer Ressourcen, Geld und Personal den Sicherheitsbehörden immer einen Schritt voraus sein. Es muss unser Anspruch sein, zumindest Schritt zu halten. Im Oktober 2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass eine anlassund unterschiedslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten (weiterhin) nicht zulässig ist. Allerdings betonte er ausdrücklich, dass von diesem Grundsatz abgewichen werden kann. Die Mitgliedstaaten können eine Verkehrsdatenspeicherung implementieren, wenn entweder eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit vorliegt oder wenn sie der Bekämpfung schwerer Straftaten dient. Entscheidend für den EuGH ist, dass die Speicherung der Daten auf das absolut erforderliche Zeitmaß beschränkt wird, wirksame Schutzmaßnahmen getroffen und diese von einem Gericht angeordnet werden. Zu den unter solchen Umständen speicherbaren Kommunikationsdaten gehören die IP-Adressen der Telekommunikationsnutzer und die sonstigen technischen Rahmendaten wie Portnummern, die eine sichere Identifizierung der Endgeräte ermöglichen. Mit den höchstrichterlich festgestellten Ausnahmeregelungen steht in Deutschland der Weg offen, eine neue rechtskonforme Regelung der Verkehrsdatenspeicherung vorzulegen. Seit 2017 ist sie – mit Rücksicht auf die europäische Rechtsprechung – faktisch ausgesetzt. Als CDU-Landtagsfraktion geht es uns allein um IP-Adressen, also um reine digitale Spuren, die vergleichbar mit Fingerabdrücken im realen Leben sind, oder einem Autokennzeichen, das in der Datenbank des Straßenverkehrsamt registriert ist. Um Rückschlüsse auf die realen Personen hinter den digitalen Spuren ziehen zu können, müssten diese -2- Informationen weiter verarbeitet werden. Dem hat der EuGH jedoch enge Grenzen gezogen, indem er auf Straftaten von einigem Gewicht abzielt und einen Richtervorbehalt vorschreibt. Aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion gehört die Bekämpfung von schweren Straftaten im Internet zu den vordringlichsten Aufgaben unserer Zeit. Ermittlerinnen und Ermittler haben häufig große Schwierigkeiten, die Täter zu ermitteln, wenn diese im Internet keine Informationen von sich preisgeben. Dann ist der digitale Fußabdruck häufig der einzige Anhaltspunkt, um sie verfolgen und bestrafen zu können. Das betrifft insbesondere geteilte Bilder und Videos von sexuellem Missbrauch an Kindern. Die aktuelle Rechtslage behindert die Ermittlerinnen und Ermittlern in ihrer Arbeit. Sie stehen, bildlich gesprochen, „vor der Tür“, dürfen aber nicht eintreten. Wir wollen den Ermittlerinnen und Ermittlern in der digitalen wie in der analogen Welt daher die Instrumente an die Hand geben, die sie benötigen, den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen überall und jederzeit entschieden zu bekämpfen. Die CDULandtagsfraktion steht für eine Null-Toleranz gegenüber Kriminalität und Kriminellen, und wir haben seit dem Regierungswechsel die entsprechenden Weichenstellungen vorgenommen. Genauso betonen wir, dass sensible Personendaten sicher und vertraulich bleiben müssen und die höchstrichterlich gesetzten Grenzen eingehalten werden. Wir richten daher heute erneut einen dringlichen Appell an die Bundespolitik, eine rechtskonforme und rechtssichere Lösung für die Verkehrsdatenspeicherung in diesem Kriminalitätsbereich zu erarbeiten. Es darf nicht sein, dass aufgrund der geltenden Rechtslage die Täter geschützt werden und nicht die Opfer. Gerade im Bereich der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist es ein untragbarer Zustand, dass die Sicherheitsbehörden immer wieder auf Hinweise aus dem Ausland angewiesen sind, um Täter verfolgen und die Opfer schützen zu können. Die CDU-Landtagsfraktion fordert eine bundesgesetzliche Regelung, die unter Beachtung der Vorgaben des EuGH-Urteils den erfolgreichen Einsatz der Nutzung von Verkehrsdaten zum Zwecke der Verfolgung schwerer Kriminalität, insbesondere des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, ermöglicht.